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Geschichte

Wie Prinzenthal seinen Namen erhielt

Der regelmäßige Leser dieses Blog weiß, dass meine Vorfahren u. a. aus Prinzenthal, einem ehemaligen Vorort von Bromberg des einstigen Westpreußens, herkommen. Allerdings wissen nur wenige, wie der Vorort Prinzenthal zu seinem Namen kam. Dieser Beitrag gibt ein wenig Klarheit über den deutschen Ortsnamen.

Prinzenthal ist ein Ort, in den von ca. 1880-1917 ein Teil meiner Vorfahren gelebt haben, inbesondere meine Vorfahren mit dem Familiennamen METZ, z. B. Frieda Erna METZ, Charlotte Minna METZ und Käthe Wilhelmine METZ. Früher war Prinzenthal ein Vorort von Bromberg gewesen. Heute ist es ein kleiner Stadtteil in Bromberg, wobei die eingedeutschen Ort- und Stadtnamen seit 1919/1920 wieder in die polnischen Namensversionen wechselten. Der polnische Name von Bromberg lautet Bydgoszcz (als Bidgosch ausgesprochen) und der polnische Name von Prinzenthal lautet Wilczak (als Willschak ausgesprochen).

Die Lage von Wilczak in Bydgoszcz
Die Lage von Wilczak in Bydgoszcz

Wilczak ist der ursprünglich altpolnische Name von Prinzenthal. Der altpolnische Name entstand irgendwann im Mittelalter. Er leitet sich einerseits vom polnischen Wort für Wolf bzw. Wolfshund (wilczak) ab, aber auch vom Personennamen Wilczek, was soviel wie „Sohn des Wilk“ heißt (ähnlich wie im Englischen mit Wilkinson = Sohn von Wilk; Wilk ist abgeleitet von William, d. h. Wilhelm). Eine alte Legende besagt, dass Wilczak einst ein Hof eines Ritters mitsamt seiner Frau und seinen Söhnen war. Immer wenn Reisende an diesem Hof vorbeikamen, servierte der Ritter als Hofbesitzer den reisenden Gästen ein Getränk in einem Trinkbehälter. Dieser Trinkbehälter wurde altertümlich als „wilczak“ bzw. „Wolf“ bezeichnet. So soll Wilczak zu seinem heutigen Namen gekommen sein.

Seit dem 18. Jahrhundert wird in den Quellen und Landkarten zwischen Groß-Wilczak (polnisch: Wilczak Wielkie) und Klein-Wilczak (polnisch: Wilczak Mały) unterschieden. Es gab zudem eine so genannte Wilczak-Kolonie, die später dann von Wilczak abgetrennt wurde und in den benachbaren Vorort Schleusenau (polnisch: Okole; Okolla [1789]; Okollo [1867]) aufging. Übrigens besaß aufgrund einer Zählung der Einwohner im Jahr 1833 Groß-Wilczak 525 Menschen in 66 Häusern und Klein-Wilczak 26 Menschen in 5 Häusern. Nach einer weiteren Zählung im Jahr 1860 lebten in Groß-Wilczak 802 Menschen in 66 Häusern, in Klein-Wilczak 71 Menschen in 10 Häusern und in der zeitweiligen Wilczak-Kolonie 407 Menschen in 31 Häusern.

Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, Porträtaufnahme von Hermann Biow, Daguerreotypie von 1847
Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, Porträtaufnahme von Hermann Biow, Daguerreotypie von 1847

Im Jahr 1835 wurde Wilczak in Prinzenthal unbenannt. Der neue Name weist auf die Benennung eines Prinzen hin. Gemeint ist hier Friedrich Wilhelm IV. (* 15. Oktober 1795 in Berlin; † 2. Januar 1861 in Potsdam), der vom 7. Juni 1840 bis zu seinem Tod König von Preußen war und aus der Dynastie der Hohenzollern entstammte.

Wo es ein Tal gibt, da gibt es auch Berge. So gibt es namentlich zu Prinzenthal auch einen „Prinzenberg“: die Prinzenhöhe. (Die) Prinzenhöhe ist ein Berg, der vorher als der Galgenberg (polnisch: Górą Szubieniczną) von Bromberg bekannt war; also dort, wo Schwerverbrecher gehängt worden sind. Auf diesem Richtplatz des Galgenbergs wurde bis in das Jahr 1805 Erhängungen durchgeführt. Da aber Bromberg und die umliegenden Vororte wie Prinzenthal mit der Einwohnerzahl wuchsen und durch städtische Anbauten, u. a. um den Galgenberg herum, größer wurden, wurde der Richtplatz zu einem unschönen Anblick der Bewohner. Daher wurde die Veranlassung zur Verlegung angesetzt. So heißt es für den 20. Januar 1806 in einer angesetzter Hinrichtung eines Mannes namens Franz Rogalski aus den Akten des Posener Staatsarchiv: „Die Absicht, durch aufgerichtete Raben-Steine und andere dergleichen auf erhobene Plätze und an Land- und Haupt-Strassen aufgestellte Schreck-Bilder böse Menschen von Übeltaten abzuhalten, hat unbezweifelt, so wie andere mit der Gerichtsbarkeit begabte Magistrate, auch unsere Vorfahren bewogen, den Richtplatz hier auf dem Berge nahe bei der Stadt und an die beiden Haupt- und Landstrassen nach der Neumark und Berlin, und Cujavien oder Posen anzulegen“. Dieser Zweck sei jedoch nicht erreicht worden; denn „demohngeachtet haben es böse Menschen noch nicht unterlassen, die abscheulichsten Missetaten zu begehen. Aus dieser Betrachtung, und dass im Gegenteil dadurch ein ekelhafter und für die Menschheit empörender Anblich erregt: auch jetzt, da die Stadt immer mehr und mehr erweitert wird und selbst nahe an dieser Gerichts-Stätte sich viele Einwohner schon angebaut haben, solche und die darauf befindliche Kadavern der menschlichen Gesundheit höchst schädlich werden, so sind wir entschlossen diese Richt stelle von da weg und an dem Wege nach dem Dorfe Misliczinneck, linker Hand am Munitions-Gebäude 3 bis 400 Schritt von demselben und dem Wege ab, zu verlegen“.

Der neue Richtplatz entstand schließlich in der Ortschaft Niemcz etwas nördlich gelegen von Bromberg. Heute erinnert in Wilczak nur noch der Straßenname „Na Wzgórzu“ (Auf dem Berg) an den Galgenberg bzw. Prinzenhöhe.

Im Jahr 1835 bestattete Friedrich Wilhelm IV. einen Besuch in Wilczak ab. Zu dieser Zeit hatte er den Status eines Prinzen noch inne, bevor er erst im Jahr 1840 als König auf den Thron stieg. Bei seinem Besuch gefiel Friedrich Wilhelm IV. die Aussicht vom dem ehemaligen Galgenberg mit dem Blick ins Tal so gut, dass er den Einwohnern gestattete, den Berg und das Tal zu seinen Ehren in Prinzenhöhe und Prinzenthal umzubenennen. So entstand der neue Name des Vororts anstelle des alten Namens Groß-Wilczak.

Am 27. Dezember 1918 begann in der Provinz Posen der Großpolnische Aufstand der polnischen Bevölkerungsmehrheit gegen die deutsche Herrschaft, der Landkreis Bromberg blieb jedoch unter deutscher Kontrolle. Am 16. Februar 1919 beendete ein Waffenstillstand die polnisch-deutschen Kämpfe. Am 28. Juni 1919 musste die deutsche Regierung im Rahmen der Bestimmungen des Versailler Vertrags den Landkreis Bromberg und die mehrheitlich von Deutschen bewohnten Stadt Bromberg an Polen abtreten. Deutschland und Polen schlossen am 25. November 1919 ein Abkommen über die Räumung der staatlichen Einrichtungen und Übergabe der abzutretenden Gebiete ab, das am 10. Januar 1920 ratifiziert wurde. Die Räumung der staatlichen Einrichtungen und Übergabe an Polen erfolgte zwischen dem 17. Januar und dem 4. Februar 1920, die Stadt Bromberg wurde am 19. Januar 1920 an Polen übergeben. Infolgedessen wurde die Stadt Bromberg wieder in Bydgoszcz umbenannt und der Stadtteil Prinzenthal erhielt wieder seinen alten Namen: Wilczak.

Hier zwei frei verfügbare Aufnahmen der Straße „Na Wzgórzu“ (Auf dem Berg), die noch in ihrer Höhenlage der Straße an den Galgenberg bzw. der Prinzenhöhe erinnern.

Als besondere Quellen für diesen Beitrag zur Recherche dienten:

  • der polnische Wikipedia-Artikel zu Wilczak (Bydgoszcz) und
  • der Artikel „Die Verlegung des Bromberger Richtplatzes im Jahre 1806“ von F. Koch, erschienen in „Historische Monatsblätter für die Provinz Posen“, Jahrgang VI, November 1905, Nr. 11, Seite 201-203; verfügbar als PDF-Datei online bei der Elbląska Biblioteka Cyfrowa (EBC)

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